Gustav Nottebohm – Beethoveniana – VIII – Eine Stelle im ersten Satz der achten Symphonie (Op. 93). (Seite 23)

Aufsätze und Mittheilungen von Gustav Nottebohm
Leipzig, Verlag von C. F. Peters 1872

Die Original-Manuscripte der Werke Beethoven’s zeigen die vielen Aenderungen, welche Beethoven bei einzelnen Stellen vornahm, wenn auch ein Werk fertig oder im Ganzen abgeschlossen war. Es kommt aber auch vor, dass derartige nachträgliche Aenderungen nicht im Original-Manuscript, sondern anderwärts vorgenommen wurden, z. B. in einer zum Druck oder zu einer Aufführung bestimmten Abschrift. Dieser Umstand lässt nicht immer das Original-Manuscript als entscheidend erscheinen und erschwert nicht selten die Herstellung einer endgültigen Lesart. Ein einschlägiger Fall lässt sich hier vorlegen. Derselbe betrifft eine im ersten Satz der Symphonie in F-dur Op. 93 (Takt 43 bis 45 von Anfang) vorkommende Stelle. Diese Stelle lautet in einem Skizzeubuche so:
Im Original-Manuscript ist sie der ersten Violine so vorgeschrieben :
(Die zweite Violine geht in der Unteroctave mit.) Beethoven hat also hier eine in der Skizze vorkommende gebundene Achtel-Note in eine Pause verwandelt. In den bei den ersten Aufführungen gebrauchten geschriebenen und von Beethoven durchgesehenen Orchester-Stimmen*) erscheint die Stelle nun wieder, wie im Skizzenbuch, mit der gebundenen Achtel-Note, nämlich so:

Eben so findet sich die Stelle in der im Jahre 1816 bei S. A. Steiner und Comp. in Wien erschienenen, von Beethoven corrigirten Partitur. Uebereinstimmend damit ist auch eine geschriebene, von Beethoven verbesserte und später zum Druck beförderte Bearbeitung der Symphonie für Pianoforte zu zwei Händen. Man kann sich diese Uebereinstimnmug nur durch die Annahme erklären, dass besagte geschriebene und gedruckte Exemplare nicht das Original-Manuscript, sondern eine Abschrift, in welcher Beethoven die Stelle wieder so geändert hatte, wie sie in der Skizze vorkommt, zur Vorlage gehabt haben. Dass nun die Lesart der geschriebenen Orchester-Stimmen u. s. w., und nicht die des Original-Manuscripts als die endgültige zu betrachten ist, kann keine Frage sein. Bei der gegen Ende des Symphoniesatzes in anderer Tonart und etwas anders vorkommenden Parallelstelle stimmen Original-Manuscript, geschriebene Stimmen, gedruckte Partitur u. s. w. überein.

*) Sie werden im Archiv der Gesellschaft der Musik-Freunde in Wien aufbewahrt. Vgl. Seite 18.

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